LGBTQ+ Community: Matt und Juliens Geschichte

Matt und Julien

Hallo! Mein Name ist Matt, ich bin 32 Jahre alt und komme aus Kanada.


Obwohl Kanada größtenteils als fortschrittliches Land gilt, wurde ich in den Vororten, in denen ich aufgewachsen bin, nie mit positiven Darstellungen von LGBTQ+ Menschen konfrontiert. Ich war ein schüchternes Kind, das sich darauf konzentrierte, in der Schule dazuzugehören und dem zu folgen, was ich für ein "normales" Mitglied meiner Familie und Gemeinschaft hielt. Ich war auch ein Top-Athlet, und die Sportwelt stand queeren Menschen im Allgemeinen feindlich gegenüber. Als Mitglied des kanadischen Nationalen Schwimmteams stand ich ständig unter der Sorge, was Leute über mich denken könnten.


Erst als ich mit dem Schwimmen aufhörte, fühlte ich mich endlich frei genug, mich als schwul zu outen und öffnete meine Welt für unglaubliche Freundschaften und Erfahrungen.


Während ich mich in meinem persönlichen Leben wohl fühlte, war mein berufliches Leben weiterhin unsicher. Ich zog nach Asien, um Lehrer an einer internationalen Schule zu werden, und machte mir Sorgen, meine Sexualität preiszugeben, in Kenntnis der üblichen Einstellung und Vorurteile gegen schwule männliche Lehrer. Während ich in China an einer High School unterrichtete, wurde ich eines Abends in einer Bar von einem betrunkenen Kollegen geoutet, und ich hatte Angst, meinen Job zu verlieren. Der Gedanke daran, dass konservative Eltern mich stigmatisieren könnten, verfolgt mich heute noch.

Es gab auch andere beängstigende Momente. Einmal wurde ich spät in der Nacht in Toronto von einem Auto voller Männer verfolgt, die Schimpfwörter aus dem Fenster schrieen. Ein anderes Mal wurde ich in den USA wegen meiner Art zu sprechen ins Gesicht geschlagen. Aber insgesamt hatte ich immerhin noch Glück, in meinem Leben als homosexuellen Mann sehr wenig Widerstand oder Diskriminierung zu erfahren. Meine Familie hat mich so akzeptiert, wie ich bin. 


Heute lebe ich mit meinem Ehemann in Taipeh, einem der tolerantesten Orte für homosexuelle Menschen auf der Welt und einem der wenigen Orte, an denen ich mich 100% wohl fühle, seine Hand in der Öffentlichkeit zu halten.


Sein Name ist Julien, und er ist 31 Jahre alt und stammt aus Frankreich. Während seines Heranwachsens hatte er auch Schwierigkeiten, seinen Platz als Asiate zu finden. Später, als er seine eigene sexuelle Orientierung in Frage stellte, fühlte er, dass er aufgrund der Art und Weise, wie die Gesellschaft Mitglieder der schwulen Gemeinschaft wahrnahm und behandelte, sich nicht sicher als sein wahres Selbst zeigen konnte. Zusätzlich wurde er mit anderen Herausforderungen konfrontiert, da laut der traditionellen asiatischen Denkweise das Diskutieren von Sexualität innerhalb der eigenen Familie als Tabu gilt.


Eine seiner traumatischen Erfahrungen, die er mit mir geteilt hat, ereignete sich 2012, als er sein erstes Geschäft eröffnete: Ein Bekleidungsgeschäft für Frauen. Er arbeitete in seinem Laden, als er auf der Straße hörte, wie jemand laut sagte: "Lasst uns nicht in diesen Laden gehen; es scheint, als ob er einem schwulen asiatischen Mann gehört." Nach diesem Vorfall beschloss er, in seiner eigenen Heimatstadt fast 8 Jahre lang sich zurückzunehmen und äußerst privat zu leben. Dazu gehörte auch stets darauf zu achten, wie Menschen ihn wahrnehmen, da dies sich negativ auf sein Geschäft auswirken könnte.


Heute, seit er Frankreich verlassen hat, fühlt er sich mehr denn je wie er selbst. Er hat das Gefühl, endlich die Person sein zu können, die er immer sein wollte, nicht nur bei seinen Freunden, sondern auch bei der Arbeit. Gemeinsam haben wir beschlossen, dass wir unser Leben laut und stolz leben dürfen.


Wir können uns nicht vorstellen, wie schwierig es für LGBTQ+ Jugendliche sein muss, in Ländern aufzuwachsen, in denen Homosexualität (gewaltsam) kriminalisiert wird. Obwohl viele Länder in den letzten Jahrzehnten für LGBTQ+ Menschen offener und einladender geworden sind, haben die meisten Gesellschaften weltweit noch einen langen Weg vor sich. Indem wir diese Geschichte teilen, hoffen wir, dass wir helfen, inspirieren und auch Menschen für eine bessere Zukunft aufklären können.

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